in der Geomantie-Zeitschrift Hagia Chora, 2008Buchbesprechungen widmen sich meist
Neuerscheinungen. In der Geomantie geht es jedoch nicht so sehr um Neuigkeiten, sondern wichtige Aussagen gelten über längere Zeit. Stefan Brönnle
stellt hier jeweils ein Buch vor, das für ihn zur geomantischen Standardliteratur zählt.
Die magische Mitte - Kreative Rituale im Zentrum der Macht
Die Mitte des Hauses bzw. der
Wohnung korespondiert mit unserer eigenen Mitte. Sie ist ein heiliger, ein heilender Ort. Während in Systemen der westlichen Geomantie die Wohnungsmitte eine noch viel zu wenig beachtete Rolle spielt, ist ihre Lage in
den häufig konzeptionell erstarrten Systemen des Feng Shui oft angstbesetzt: In der Hausmitte darf kein Gang sein, denn dieser verheißt Unruhe, es darf dort keine Wendeltreppe sein, denn diese "bohrt sich
korkenzieherförmig in dein Herz", vor allem darf dort keine Toilette sein und so weiter und so fort.
Aus diesen mental-konzeptuellen Regelwerken im Umgang mit der Hausmitte sticht das Büchlein
"Die magische Mitte" von Karin Brandl angenehm heraus.
Es vermittelt keine Regeln, sondern Erfahrungen, und wird somit sowohl für Geomanten als auch Feng-Shui-Berater zu einer wichtigen
Inspiration. Wertfrei beschreibt die Autorin die Wirkung der räumlichen Lage des Mittelpunktes im Haus. Und auch die Lage der Mitte in der vielgeschmähten Toilette erhält eine angstfreie Interpretation: "Innere
Reinigung und Loslassen von Verbrauchtem; ein wahrhaft plutonisches Heiligtum!"
Gut recherchiert und eindeutig mit tiefen persönlichen Erfahrungen untermauert, vermittelt Karin Brandl die
kulturhistorische Bedeutung der Mitte (Omphalos und Weltenachse), die geometrische Herleitung der Mitte im Hausgrundriss, die (individuelle) symbolische Deutung ihrer Lage und Gestaltung und vieles mehr. Dabei werden
auch Farb- und Formsymbolik umrissen.
Der Schwerpunkt des Buches ist der rituelle Umgang mit dem Zentrum: Die Autorin beschreibt ausführlich Reinigung und Balancierung dieses "Ortes der
Zentrierung" mit Hilfe von Räucherungen oder dem Einsatz symbolischer Objekte und Visualisationen und regt zur Kreation eigener Zeremonien an.
Besonders überzeugend ist das umfangreiche Kapitel über
"Lebensphasenrituale", das die Wohnungsmitte als einen kraftvollen Raum des beständigen Wandles erkennbar werden lässt. Die Mitte wird hier zu einem Ort der Wirklichkeitsgestaltung. Fazit: Ein wunderbares Buch
mit vielen Anregungen zum An- und Umdenken, das für Geomanten wie für Feng Shui-Interessierte zu empfehlen ist. Es wendet sich an Menschen, die nicht starre Regelwerke, sondern kreative Lösungsansätze suchen.
Stefan Brönnle, Geomantie,